Inhaltsverzeichnis
Als Systemadministrator sollten Sie grob wissen, wie das Debian-System gestartet und konfiguriert wird. Obwohl die genauen Details in den Quelldateien der installierten Pakete und deren Dokumentation zu finden sind, ist dies für die meisten von uns ein bisschen viel.
Ich habe mein bestes gegeben, um einen schnellen Überblick über die wichtigsten Themen des Debian-Systems und dessen Konfiguration als Referenz für Sie bereitzustellen, basierend auf aktuellem und früherem Wissen von mir und anderen. Da das Debian-System sich ständig verändert, könnte sich die Situation teilweise verändert haben. Bevor Sie irgendwelche Änderungen an dem System vornehmen, sollten Sie die aktuellste Dokumentation der jeweiligen Pakete zu Rate ziehen.
![]() |
Tipp |
---|---|
bootup(7)
beschreibt den System-Boot-Prozess basierend auf |
![]() |
Tipp |
---|---|
boot(7) beschreibt den System-Boot-Prozess basierend auf UNIX System V Release 4 (älteres Debian-System). |
Das Computer-System durchläuft verschiedene Phasen des Bootstrap-Prozesses vom Einschalten bis zur Bereitstellung des funktionalen Betriebssystems an den Benutzer.
Der Einfachheit halber beschränke ich meine Betrachtung auf die weit verbreitete PC-Plattform mit einer Standardinstallation.
Der typische Bootstrap-Prozess ist wie eine 4-stufige Rakete. Jede Stufe übergibt die Systemkontrolle an die jeweils nachfolgende Stufe:
Natürlich können diese unterschiedlich konfiguriert werden. Wenn Sie zum Beispiel Ihren eigenen Kernel kompilieren, werden Sie unter Umständen den Schritt mit dem Mini-Debian-System überspringen. Gehen Sie daher nicht davon aus, dass dies alles in Ihrem Fall zutrifft, solange Sie es nicht selbst überprüft haben.
![]() |
Anmerkung |
---|---|
Bei ungewöhnlichen Computer-Plattformen wie dem SUN- oder dem Macintosh-System könnten das BIOS im ROM und die Partitionen auf der Festplatte sich stark von dem hier beschriebenen unterscheiden (Abschnitt 9.5.2, „Konfiguration der Plattenpartitionen“). Bitte suchen Sie in solch einem Fall an anderer Stelle nach Plattform-spezifischer Dokumentation. |
Das BIOS ist die erste Stufe des Boot-Prozesses und wird durch das Einschalten des Rechners aufgerufen. Es liegt im Nur-Lese-Speicher (read only memory/ROM) und wird von einer speziellen Speicheradresse ausgeführt, auf die die CPU durch den Einschaltvorgang verwiesen wird.
Das BIOS führt die grundsätzliche Initialisierung der Hardware durch (POST: power on self test / Selbsttest nach dem Einschalten) und übergibt die Systemkontrolle an die nächste Stufe. Das BIOS wird üblicherweise mit der Hardware geliefert.
Im BIOS-Startbildschirm wird für gewöhnlich angezeigt, welche Taste(n) Sie drücken müssen, um das BIOS-Setup zu erreichen, in dem das Verhalten des BIOS konfiguriert werden kann. Typisch hierfür sind F1, F2, F10, Esc, Einfg und Entf. Wenn Ihr BIOS-Startbildschirm durch eine hübsche grafische Anzeige versteckt wird, müssen Sie eventuell eine oder mehrere Tasten wie z.B. Esc drücken, um diese Grafik auszublenden. Die hierzu benötigten Tasten sind je nach Hardware sehr unterschiedlich.
Die Hardware und die Reihenfolge des Codes, der durch das BIOS gestartet wird, kann über das BIOS-Setup ausgewählt werden. Typischerweise werden die ersten paar Sektoren des ersten gefundenen, vorgewählten Gerätes (Festplatte, Diskette, CD-ROM, …) in den Speicher geladen und dieser initiale Code wird dann ausgeführt. Das kann folgendes sein:
ein Bootloader-Code;
der Kernel-Code eines Ursprungs-Betriebssystems wie z.B. FreeDOS;
der Kernel-Code des Ziel-Betriebssystems, falls er in diesen kleinen Speicherbereich passt.
Gewöhnlich wird das System von der angegebenen Partition der primären Festplatte gestartet. Die ersten zwei Sektoren der Festplatte enthalten auf normalen PC-Systemen den Master Boot Record (MBR). Die Partitionsinformationen inklusive der Boot-Auswahl sind am Ende des MBR gespeichert. Der in der ersten Stufe vom BIOS ausgeführte Bootloader-Code liegt im Rest des MBR.
Der Bootloader ist die zweite Stufe des Boot-Prozesses und wird durch das BIOS gestartet. Er lädt das System-Kernel-Image und das initrd-Image in den Speicher und übergibt diesen die Kontrolle. Das initrd-Image ist ein Abbild des Wurzeldateisystems und seine Unterstützung hängt von dem verwendeten Bootloader ab.
Das Debian-System nutzt normalerweise den Linux-Kernel als Standard-System-Kernel. Das initrd-Image des aktuellen 2.6/3.x-Linux-Kernels ist technisch gesehen ein initramfs-Image (initial RAM filesystem). Das Basis-initrd-Image ist ein komprimiertes cpio-Archiv der Dateien im Wurzeldateisystem. Der Kernel kann sehr früh im Boot-Prozess (bevor dieses initrd-Image geladen wird) ein Update des Microcodes durchführen. Dies wird ermöglicht durch das kombinierte initrd-Image, das aus dem Binär-Blob des Microcodes und dem daran angehängten Basis-initrd-Image besteht.
![]() |
Tipp |
---|---|
Sie können den Inhalt der initrd-Image-Datei mittels
lsinitramfs(8)
und
unmkinitramfs(8)
aus dem Paket |
Eine Standardinstallation des Debian-Systems auf der PC-Plattform legt den ersten Teil des GRUB-Bootloaders (stage 1) im MBR ab. Es sind allerdings viele weitere Bootloader und Konfigurationsoptionen verfügbar.
Tabelle 3.1. Liste der Bootloader
Paket | Popcon | Größe | initrd | Bootloader | Beschreibung |
---|---|---|---|---|---|
grub-legacy | V:0, I:2 | 719 | Unterstützt | GRUB Legacy | Intelligenter Bootloader, der Festplattenpartitionen und Dateisysteme wie vfat, ext3 … unterstützt. |
grub-pc | V:28, I:842 | 584 | Unterstützt | GRUB 2 | Intelligenter Bootloader, der Festplattenpartitionen und Dateisysteme wie vfat, ext4 … unterstützt. (Debian-Standard) |
grub-rescue-pc | V:0, I:1 | 6288 | Unterstützt | GRUB 2 | Dies ist das boot-fähige Rettungs-Image von GRUB 2 (CD und Diskette) (PC/BIOS-Version). |
lilo | V:0, I:3 | 693 | Unterstützt | Lilo | Beruht auf den Sektorbereichen der Daten auf der Festplatte (alt). |
syslinux | V:5, I:59 | 299 | Unterstützt | Isolinux | Unterstützt das ISO9660-Dateisystem. Dies wird von Boot-CDs verwendet. |
syslinux | V:5, I:59 | 299 | Unterstützt | Syslinux | Unterstützt das MSDOS-Dateisystem FAT. Dies wird von Boot-Disketten verwendet. |
loadlin | V:0, I:1 | 83 | Unterstützt | Loadlin | Das gewünschte Betriebssystem wird aus dem laufenden FreeDOS-/MSDOS-System heraus gestartet. |
mbr | V:0, I:10 | 50 | Nicht unterstützt | MBR von Neil Turton | Dies ist freie Software, die den MSDOS-MBR ersetzt. Unterstützt nur Festplattenpartitionen. |
![]() |
Warnung |
---|---|
Spielen Sie nicht mit Bootloadern herum, ohne boot-fähige Rettungsmedien
(USB-Stick, CD, Diskette) zur Hand zu haben, die von Images im
|
Bei GRUB Legacy ist die Datei zur Konfiguration des Menüs unter
"/boot/grub/menu.lst
" abgelegt. Sie enthält zum Beispiel
Einträge wie den folgenden:
title Debian GNU/Linux root (hd0,2) kernel /vmlinuz root=/dev/hda3 ro initrd /initrd.img
Bei GRUB 2 ist die Datei zur Konfiguration des Menüs unter
"/boot/grub/grub.cfg
" gespeichert. Sie wird automatisch
durch "/usr/sbin/update-grub
" unter Verwendung von
Vorlagen aus "/etc/grub.d/*
" und Einstellungen aus
"/etc/default/grub
" erzeugt. Die Einträge sehen aus wie
folgt:
menuentry "Debian GNU/Linux" { set root=(hd0,3) linux /vmlinuz root=/dev/hda3 initrd /initrd.img }
Die GRUB-Parameter in diesen Beispielen haben folgende Bedeutungen:
Tabelle 3.2. Bedeutung der GRUB-Parameter
GRUB-Parameter | Bedeutung |
---|---|
root
|
Verwendung der dritten Partition auf der primären Festplatte, welche bei
GRUB Legacy über "(hd0,2) " angegeben wird und bei GRUB 2
über "(hd0,3) ".
|
kernel
|
Verwendung des Kernels unter "/vmlinuz " mit den
Parametern "root=/dev/hda3 ro "
|
initrd
|
Verwendung des initrd/initramfs-Images unter
"/initrd.img "
|
![]() |
Anmerkung |
---|---|
Der Wert der Partitionsnummer, wie er von GRUB Legacy verwendet wird, ist um 1 kleiner als der normal durch den Linux-Kernel und andere Werkzeuge genutzte. Das GRUB-2-Programm behebt dieses Problem. |
![]() |
Tipp |
---|---|
Die UUID-Kennung (lesen Sie dazu Abschnitt 9.5.3, „Zugriff auf Partitionen über die UUID-Kennung“) kann statt dem Gerätenamen
(z.B. " |
![]() |
Tipp |
---|---|
Bei der Nutzung von GRUB sind die
Kernel-Boot-Parameter in |
![]() |
Tipp |
---|---|
Sie können über einen Bootloader einen weiteren Bootloader starten, diese Technik nennt man Chain loading. |
Weitere Infos finden Sie unter "info grub
" und
grub-install(8).
Das Mini-Debian-System ist die dritte Stufe des Boot-Prozesses und wird durch den Bootloader gestartet. Es lässt den System-Kernel mit seinem eigenen Wurzeldateisystem im Speicher laufen. Dies ist ein optionaler, vorbereitender Schritt des Boot-Prozesses.
![]() |
Anmerkung |
---|---|
Der Begriff "Mini-Debian-System" wurde von dem Autor erfunden, um diese dritte Stufe des Boot-Prozesses in diesem Dokument zu beschreiben. Dieses System wird normalerweise initrd- oder initramfs-System genannt. Ein ähnliches System wird im Speicher auch durch den Debian Installer verwendet. |
"/init
" wird als erstes Programm aus diesem
Wurzeldateisystem im Speicher ausgeführt. Es ist ein Programm, das den
Kernel im Userspace initialisiert und die Kontrolle an die nächste Stufe
übergibt. Dieses Mini-Debian-System bietet Flexibilität für den
Boot-Prozess, um zum Beispiel Kernel-Module vor dem Hauptteil des
Boot-Prozesses hinzuzufügen oder um das Wurzeldateisystem als
verschlüsseltes Dateisystem einzubinden.
"/init
" ist ein Shell-Skript, wenn das initfamfs durch
initramfs-tools
erstellt wurde.
Sie können diesen Teil des Boot-Prozesses unterbrechen, um eine root-Shell
zu bekommen, indem Sie "break=init
" usw. zu den
Kernel-Boot-Parametern hinzufügen. Informationen zu weiteren
Unterbrechungsmöglichkeiten finden Sie im
"/init
"-Skript. Diese Shell-Umgebung ist ausgeklügelt
genug, um eine gute Überprüfung der Hardware Ihrer Maschine zu ermöglichen.
Die verfügbaren Befehle in diesem Mini-Debian-System gehen auf ein GNU-Werkzeug namens busybox(1) zurück und werden auch hauptsächlich von diesem bereitgestellt.
"/init
" ist ein binäres
systemd
-Programm, wenn das initramfs durch
dracut
erstellt wurde.
Befehle in diesem Mini-Debian-System sind in ihrer Funktionalität auf die systemd(1)-Umgebung reduziert.
![]() |
Achtung |
---|---|
Sie müssen die Option " |
Das normale Debian-System ist die vierte Stufe des Boot-Prozesses und wird von dem Mini-Debian-System gestartet. Der System-Kernel des Mini-Debian-Systems läuft in dieser Umgebung weiter. Das verwendete Wurzeldateisystem wird von dem im Arbeitsspeicher umgeschwenkt zu dem auf der echten Festplatte.
Das Programm init wird als erstes Programm mit
PID=1 ausgeführt und erledigt die eigentliche Hauptarbeit beim Booten, das
Starten verschiedener Programme. Der Standardpfad zum init-Programm ist
"/sbin/init
", aber er kann über einen
Kernel-Boot-Parameter wie "init=/pfad/zum/init-programm
"
auch geändert werden.
Das Standard-Init-Programm hat sich im Laufe der Zeit verändert:
Vor Squeeze
verwendete Debian das einfache SysV-artige Init.
Debian Wheezy
verbesserte das SysV-ähnliche Init durch
Sortierung der Boot-Reihenfolge mittels LSB-Header und parallelen Start der
Boot-Skripte.
Debian Jessie
schwenkt um auf systemd, ein ereignisbasiertes Init-System mit
paralleler Initialisierung.
![]() |
Tipp |
---|---|
Mittels " |
![]() |
Tipp |
---|---|
" |
Tabelle 3.3. Liste von Boot-Hilfsprogrammen für das Debian-System
Paket | Popcon | Größe | Beschreibung |
---|---|---|---|
systemd
|
V:730, I:820 | 11844 |
Ereignis-basierter
init(8)-Daemon
für gleichzeitige Ausführung (Alternative zu sysvinit )
|
systemd-sysv
|
V:713, I:813 | 114 |
die Handbuchseiten und Links, die nötig sind, um sysvinit
durch systemd zu ersetzen
|
systemd-cron
|
V:0, I:1 | 135 | systemd -Units, um die Funktionalitäten des
cron -Daemons sowie von anacron
bereitzustellen
|
init-system-helpers
|
V:720, I:840 | 129 |
Hilfsprogramme, um zwischen sysvinit und
systemd umschalten zu können
|
initscripts
|
V:259, I:626 | 205 | Skripte zur Initialisierung und zum Herunterfahren des Systems |
sysvinit-core
|
V:13, I:16 | 225 | System-V-ähnliche init(8)-Werkzeuge |
sysv-rc
|
V:436, I:634 | 123 | System-V-ähnlicher Mechanismus zum Wechsel des Runlevels |
sysvinit-utils
|
V:782, I:999 | 110 | System-V-ähnliche Werkzeuge (startpar(8), bootlogd(8), …) |
lsb-base
|
V:891, I:999 | 49 | Zur Linux Standard Base 3.2 konforme init-Skript-Funktionalität |
insserv
|
V:474, I:621 | 140 | Werkzeug, um die Boot-Reihenfolge unter Verwendung von LSB-konformen init.d-Skript-Abhängigkeiten zu organisieren |
uswsusp
|
V:3, I:11 | 699 | Werkzeuge, um das durch Linux bereitgestellte Userspace-Software-Suspend zu verwenden |
kexec-tools
|
V:1, I:8 | 270 | Werkzeug für kexec(8)-Neustarts (Warmstarts) |
systemd-bootchart
|
V:0, I:0 | 123 | Performance-Analyseprogramm für den Boot-Prozess |
bootchart2
|
V:0, I:1 | 94 | Performance-Analyseprogramm für den Boot-Prozess |
pybootchartgui
|
V:0, I:1 | 177 | Performance-Analyseprogramm für den Boot-Prozess (Visualisierung) |
mingetty
|
V:0, I:3 | 35 | getty(8) nur für die Konsole |
mgetty
|
V:0, I:1 | 301 | Intelligenter getty(8)-Ersatz für Modems |
![]() |
Tipp |
---|---|
Unter Debian Wiki: BootProcessSpeedup finden Sie aktuelle Tipps zur Beschleunigung des Boot-Prozesses. |
Dieser Abschnitt beschreibt, wie das System durch das
systemd(1)-Programm
mit der PID=1
(also dem init-Prozess) gestartet wird.
Der systemd
-Init-Prozess wird - basierend auf den
Unit-Konfigurationsdateien (siehe
systemd.unit(5))
- in mehrere parallele Prozesse aufgespalten; diese Konfigurationsdateien
sind in deklarativem Stil geschrieben, im Unterschied zu dem prozeduralen
Stil von SysV. Diese können von einer Reihe von Dateisystempfaden geladen
werden (siehe
systemd-system.conf(5)),
die hier aufgeführt sind:
"/lib/systemd/system
": Standard-Konfigurationsdateien des
Betriebssystems
"/etc/systemd/system
": Konfigurationsdateien zur
Systemadministration, welche die Standard-Konfigurationsdateien des
Betriebssystems überschreiben
"/run/systemd/system
": zur Laufzeit generierte
Konfigurationsdateien, welche die fest installierten Konfigurationsdateien
überschreiben
Deren Abhängigkeiten untereinander sind durch die Regeln
"Wants=
", "Requires=
",
"Before=
", "After=
", … (siehe "MAPPING
OF UNIT PROPERTIES TO THEIR INVERSES" in
systemd.unit(5))
definiert. Die Ressourcen-Steuerung ist ebenfalls festgelegt (siehe
systemd.resource-control(5)).
Die Endung der Unit-Konfigurationsdateien definiert ihren Typ wie folgt:
*.service beschreibt einen Prozess
(Dienst), der von systemd
gesteuert und überwacht
wird. Siehe
systemd.service(5).
*.device beschreibt ein Gerät, das im sysfs(5) als udev(7)-Gerätedatei abgebildet ist. Siehe systemd.device(5).
*.mount beschreibt einen Einbindungspunkt
im System, der von systemd
gesteuert und überwacht
wird. Siehe
systemd.mount(5).
*.automount beschreibt einen
automatischen Einbindungspunkt im System, der von systemd
gesteuert und überwacht wird. Siehe
systemd.automount(5).
*.swap beschreibt ein Swap-Device oder
eine Swap-Datei (zum Auslagern von Arbeitsspeicher auf eine Festplatte), die
von systemd
gesteuert und überwacht wird. Siehe
systemd.swap(5).
*.path beschreibt einen Pfad im
Dateisystem, der von systemd
zum Zwecke der
pfad-basierten Aktivierung überwacht wird. Siehe
systemd.path(5).
*.socket beschreibt einen Socket, der von
systemd
zum Zwecke der socket-basierten Aktivierung
gesteuert und überwacht wird. Siehe
systemd.socket(5).
*.timer beschreibt einen Timer
(Zeitgeber), der von systemd
zum Zwecker der
timer-basierten Aktivierung gesteuert und überwacht wird. Siehe
systemd.timer(5).
*.slice verwaltet Ressourcen über cgroups(7). Siehe systemd.slice(5).
*.scope wird programmgesteuert über die
Busschnittstellen von systemd
erzeugt, um Systemprozesse
zu verwalten. Siehe
systemd.scope(5).
*.target fasst andere Unit-Konfigurationsdateien zu Gruppen zusammen, um Synchronisierungspunkte für den Startprozess zu erstellen. Siehe systemd.target(5).
Während des Systemstarts versucht der systemd
-Prozess,
das Target "/lib/systemd/system/default.target
(normalerweise ein symbolischer Link auf
"graphical.target
") zu starten. Als erstes werden dabei
einige spezielle Target-Units (siehe
systemd.special(7))
wie "local-fs.target
", "swap.target
"
und "cryptsetup.target
" aktiviert, um die Dateisysteme
einzubinden. Dann werden über die Abhängigkeiten weitere Target-Units
aktiviert. Details finden Sie in
bootup(7).
systemd
enthält Funktionalitäten, um die
Rückwärtskompatibilität zu SysV zu gewährleisten. Boot-Skripte im SysV-Stil
in "/etc/init.d/rc[0123456S].d/[KS]<name>
" werden
immer noch abgearbeitet, und
telinit(8)-Befehle
werden in Aktivierungsanforderungen für systemd-Units übersetzt.
![]() |
Achtung |
---|---|
Die emulierten Runlevel 2 bis 4 verweisen über symbolische Links alle auf
des gleiche " |
Der Kernel verwaltet den Rechnernamen (hostname) des Systems. Die durch
systemd-hostnamed.service
gestartete System-Unit setzt
beim Systemstart den Rechnernamen auf den in
"/etc/hostname
" festgelegten Wert. Diese Datei sollte
nur den Rechnernamen des Systems
enthalten, nicht einen vollqualifizierten Domänennamen.
Um den derzeitigen Rechnernamen auszugeben, führen Sie hostname(1) ohne ein Argument aus.
Die Optionen zum Einbinden normaler Festplatten- und Netzwerkdateisysteme
werden in "/etc/fstab
" festgelegt. See
fstab(5)
und Abschnitt 9.5.7, „Optimierung von Dateisystemen über mount-Optionen“.
Die Konfiguration verschlüsselter Dateisysteme ist in
"/etc/crypttab
" abgelegt. Siehe
crypttab(5).
Software-RAID mit
mdadm(8)
wird in "/etc/mdadm/mdadm.conf
" konfiguriert. Siehe
mdadm.conf(5).
![]() |
Warnung |
---|---|
Bei jedem Systemstart werden nach dem Einbinden aller Dateisysteme temporäre
Dateien in " |
Auf modernen Debian-Desktop-Systemen mit systemd
erfolgt
die Initialisierung von Netzwerkschnittstellen für die
Loopback-Schnittstelle lo
typischerweise durch
"networking.service
" und für andere Schnittstellen durch
"NetworkManager.service
".
Details zur Konfiguration finden Sie in Kapitel 5, Netzwerkkonfiguration.
Die angezeigten Fehlermeldungen des Kernels auf der Konsole können über einen Schwellwert gefiltert werden:
# dmesg -n3
Tabelle 3.4. Liste der Schwellwerte zur Filterung von Kernel-Fehler-Meldungen
Wert | Name | Bedeutung |
---|---|---|
0 | KERN_EMERG | System ist unbenutzbar |
1 | KERN_ALERT | es ist unverzüglich eine Aktion erforderlich |
2 | KERN_CRIT | Zustände mit kritischen Fehlern |
3 | KERN_ERR | Zustände mit Fehlern |
4 | KERN_WARNING | Zustände mit Warnungen |
5 | KERN_NOTICE | normale, aber erwähnenswerte Zustände |
6 | KERN_INFO | rein informativ |
7 | KERN_DEBUG | Nachrichten zur Fehlersuche/-eingrenzung |
Unter systemd
werden sowohl Kernel- wie auch
Systemmeldungen durch den Journal-Dienst
systemd-journald.service
(a.k.a
journald
) protokolliert, entweder in Form von Binärdaten
unterhalb von "/var/log/journal
" oder in flüchtigen
Binärdaten in "/run/log/journal/
". Diese binären
Protokolldaten können mit dem Befehl
journalctl(1)
abgefragt werden.
Unter systemd
hat das Protokollprogramm
rsyslogd(8)
sein Verhalten geändert: es liest jetzt die flüchtigen Binär-Logdaten (statt
der Daten aus "/dev/log
", wie es vor systemd
Standardeinstellung war) und erstellt traditionelle dauerhaft gespeicherte
ASCII-Logdateien.
Die Systemmeldungen können über "/etc/default/rsyslog
"
und "/etc/rsyslog.conf
" sowohl für die Protokolldateien
wie auch für die Bildschirmanzeige angepasst werden. Lesen Sie dazu
rsyslogd(8)
und
rsyslog.conf(5)
sowie auch Abschnitt 9.2.2, „Analyseprogramme für Logdateien“.
systemd
bietet nicht nur das eigentliche init-System zum
Starten des Systems, sondern auch Funktionalitäten zum Systemmanagement wie
Logdateien, Anmeldedaten, Netzwerkverbindungen usw.
Das Systemmanagement unter systemd(1) läuft über eine Reihe von Befehlen:
der Befehl systemctl(1) steuert den System- und Dienste-Manager (für die Konsolenoberfläche, CLI);
der Befehl systemsdm(1) steuert den System- und Dienste-Manager (für die grafische Bedienoberfläche, GUI);
der Befehl journalctl(1) bedient Anfragen an das Journalsystem (Logdaten);
der Befehl loginctl(1) steuert den Anmeldemanager;
der Befehl systemd-analyze(1) analysiert die Performance beim Booten des Systems.
Hier eine Liste typischer
systemd
-Management-Befehle. Bezüglich der exakten
Bedeutungen lesen Sie bitte die zugehörigen Handbuchseiten.
Tabelle 3.5. Liste typischer systemd
-Management-Befehle
Tätigkeit | Typ | Befehl |
---|---|---|
grafische Oberfläche (GUI) für den Service-Manager | GUI |
"systemadm " (aus dem systemd-ui -Paket)
|
Unit-Konfiguration aller Targets auflisten | Unit |
"systemctl list-units --type=target "
|
Unit-Konfiguration aller Dienste (Services) auflisten | Unit |
"systemctl list-units --type=service "
|
Typen aller Unit-Konfigurationen auflisten | Unit |
"systemctl list-units --type=help "
|
Alle Socket-Units im Arbeitsspeicher auflisten | Unit |
"systemctl list-sockets "
|
Alle Timer-Units im Arbeitsspeicher auflisten | Unit |
"systemctl list-timers "
|
"$unit " starten
|
Unit |
"systemctl start $unit "
|
"$unit " stoppen
|
Unit |
"systemctl stop $unit "
|
Dienst-spezifische Konfiguration neu laden | Unit |
"systemctl reload $unit "
|
"$unit " stoppen und neu starten
|
Unit |
"systemctl restart $unit "
|
"$unit " starten und alle anderen stoppen
|
Unit |
"systemctl isolate $unit "
|
Zur grafischen Oberfläche wechseln (GUI-System) | Unit |
"systemctl isolate graphical "
|
Zur Konsolenoberfläche wechseln (Mehrbenutzer-CLI-System) | Unit |
"systemctl isolate multi-user "
|
Zur Rettungssystem-Oberfläche wechseln (Einzelbenutzer-CLI-System) | Unit |
"systemctl isolate rescue "
|
Kill-Signal an "$unit " senden
|
Unit |
"systemctl kill $unit "
|
Prüfen, ob "$unit " aktiv ist
|
Unit |
"systemctl is-active $unit "
|
Prüfen, ob "$unit " fehlgeschlagen ist
|
Unit |
"systemctl is-failed $unit "
|
Status von "$unit|$PID|device " prüfen
|
Unit |
"systemctl status $unit|$PID|$device "
|
Eigenschaften von "$unit|$job " anzeigen
|
Unit |
"systemctl show $unit|$job "
|
Fehlgeschlagene "$unit " zurücksetzen (Reset)
|
Unit |
"systemctl reset-failed $unit"
|
Abhängigkeiten aller Unit-Dienste auflisten | Unit |
"systemctl list-dependencies --all "
|
Auf dem System installierte Unit-Dateien auflisten | Unit-Datei |
"systemctl list-unit-files "
|
"$unit " aktivieren (symbolischen Link hinzufügen)
|
Unit-Datei |
"systemctl enable $unit "
|
"$unit " deaktivieren (symbolischen Link entfernen)
|
Unit-Datei |
"systemctl disable $unit "
|
"$unit " zum Starten bereit machen (symbolischen Link auf
"/dev/null " entfernen)
|
Unit-Datei |
"systemctl unmask $unit "
|
"$unit " am Starten hindern (symbolischen Link auf
"/dev/null " hinzufügen)
|
Unit-Datei |
"systemctl mask $unit "
|
Aktuelles default-Target abrufen | Unit-Datei |
"systemctl get-default "
|
default-Target auf "graphical " setzen (grafische
Oberfläche, GUI)
|
Unit-Datei |
"systemctl set-default graphical "
|
default-Target auf "multi-user " setzen
(Konsolenoberfläche, CLI)
|
Unit-Datei |
"systemctl set-default multi-user "
|
Job-Umgebungseinstellungen anzeigen | Umgebung |
"systemctl show-environment "
|
Job-Umgebungseinstellung "variable " auf
"wert " setzen
|
Umgebung |
"systemctl set-environment variable=wert "
|
Job-Umgebungseinstellung "variable " löschen
|
Umgebung |
"systemctl unset-environment variable "
|
Alle Unit-Dateien und Daemons neu laden | Betriebsdauer |
"systemctl daemon-reload "
|
System herunterfahren | System |
"systemctl poweroff "
|
System herunterfahren und neu starten (Reboot) | System |
"systemctl reboot "
|
System in Standby setzen (Suspend) | System |
"systemctl suspend "
|
System in Ruhezustand setzen (Hibernate) | System |
"systemctl hibernate "
|
Loginformationen von "$unit " anzeigen
|
Journal |
"journalctl -u $unit "
|
Loginformationen von "$unit " anzeigen (Anzeige ähnlich
wie "tail -f ")
|
Journal |
"journalctl -u $unit -f "
|
Dauer der einzelnen Initialisierungsschritte anzeigen | Analyse |
"systemd-analyze time "
|
Alle Units auflisten, sortiert nach der Dauer ihrer Initialisierung | Analyse |
"systemd-analyze blame "
|
"$unit "-Datei laden und auf Fehler prüfen
|
Analyse |
"systemd-analyze verify $unit "
|
Boot-Prozess nachverfolgen über cgroups(7) | Cgroup |
"systemd-cgls "
|
Boot-Prozess nachverfolgen über cgroups(7) | Cgroup |
"ps xawf -eo pid,user,cgroup,args "
|
Boot-Prozess nachverfolgen über cgroups(7) | Cgroup |
sysfs unter
"/sys/fs/cgroup/systemd/ " auslesen
|
In obigen Beispielen kann "$unit
" für einen einzelnen
Unit-Namen stehen (ein Anhang wie .service
oder
.target
ist dabei optional), oder auch für die Angabe
mehrerer Units (über Suchmuster im Shell-Stil wie "*
",
"?
" oder "[]
", die
fnmatch(3)
verwenden; diese werden auf die primären Namen aller Units angewandt, die
derzeit in den Arbeitsspeicher geladen sind).
Befehlen zum Ändern des Systemstatus wird typischerweise ein
"sudo
" vorangestellt, um die nötigen administrativen
Rechte anzufordern.
Die Ausgabe von "systemctl status $unit|$PID|$device
"
nutzt farbige Punkte ("●"), um den Unit-Status kompakt zusammenzufassen.
Ein weisser "●" steht für "inaktiv" oder "deaktiviert".
Ein roter "●" steht für "fehlgeschlagen" oder "Fehler".
Ein grüner "●" steht für "aktiv", "wird neu geladen" oder "wird aktiviert".
Bei einer Standardinstallation werden viele Netzwerkdienste (siehe Kapitel 6, Netzwerkapplikationen) von systemd
durch
network.target
als Daemon-Prozess
gestartet. "sshd
" ist hier keine Ausnahme. Als Beispiel
dafür, wie man so etwas anpassen kann, wollen wir zeigen, wie Sie
"sshd
" so ändern, dass er nur auf Anfrage (on-demand)
startet.
Als erstes deaktivieren Sie die entsprechende Dienst-Unit:
$ sudo systemctl stop sshd.service $ sudo systemctl mask sshd.service
Der klassische Weg zur on-demand-Aktivierung von Sockets führte früher über
den indetd
-Superserver. Unter systemd
kann dies über das Hinzufügen von *.socket und *.service Unit-Konfigurationsdateien erreicht
werden.
Eine sshd.socket
anlegen zur Spezifizierung eines
Sockets, der auf Anfragen überwacht wird:
[Unit] Description=SSH Socket for Per-Connection Servers [Socket] ListenStream=22 Accept=yes [Install] WantedBy=sockets.target
Und eine sshd@.service
als Dienste-Datei passend zu
sshd.socket
:
[Unit] Description=SSH Per-Connection Server [Service] ExecStart=-/usr/sbin/sshd -i StandardInput=socket
Dann muss der Dienst neu geladen werden:
$ sudo systemctl daemon-reload
Für Linux-Kernel der 2.6-Reihe und neuer bietet das udev-System Mechanismen für automatische Hardware-Erkennung und -initialisierung (lesen Sie dazu udev(7)). Nach der Erkennung eines Gerätes durch den Kernel startet das udev-System einen User-Prozess. Dieser verwendet Informationen aus dem sysfs-Dateisystem (Näheres in Abschnitt 1.2.12, „procfs und sysfs“), lädt über den Befehl modprobe(8) benötigte Kernel-Module, die die Hardware unterstützen (Details in Abschnitt 3.3.1, „Die Kernel-Modul-Initialisierung“), und erstellt die zugehörigen Geräteknoten (device nodes).
![]() |
Tipp |
---|---|
Falls " |
Die Namen der Geräteknoten können über udev-Regel-Dateien in
"/etc/udev/rules.d/
" konfiguriert werden. Aktuelle
Standardregeln neigen dazu, dynamisch generierte Namen zu erzeugen, was
(außer bei CD- und Netzwerkgeräten) dazu führt, dass sich die Gerätenamen
von Mal zu Mal ändern. Indem Sie Ihre eigenen Regeln hinzufügen (ähnlich
denen für CD- und Netzwerkgeräte), können Sie auch für andere Geräte wie
z.B. USB-Memory-Sticks fest zugeordnete Gerätenamen vergeben. Lesen Sie dazu
"Writing udev rules" oder
"/usr/share/doc/udev/writing_udev_rules/index.html
".
Da das udev-System immer ein wenig im Wandel ist, überlasse ich die Details anderen Dokumenten und beschränke mich hier auf das Nötigste.
![]() |
Tipp |
---|---|
Für die Regeln zum Einbinden von Dateisystemen in
" |
Das modprobe(8)-Programm erlaubt es, einen laufenden Linux-Kernel über einen User-Prozess zu konfigurieren, indem Kernel-Module hinzugefügt und entfernt werden. Das udev-System (Näheres in Abschnitt 3.3, „Das udev-System“) automatisiert dessen Aufruf, um bei der Initialisierung des Kernel-Moduls zu helfen.
Es gibt Module, die nicht zu bestimmter Hardware gehören, sowie spezielle
Hardware-Treibermodule wie die folgenden, die im Voraus geladen werden
müssen, indem Sie in die Datei "/etc/modules
" eingetragen
werden (Details in
modules(5)):
TUN/TAP-Module, die ein virtuelles Point-to-Point Netzwerkgerät (TUN) und ein virtuelles Ethernet-Netzwerkgerät (TAP) bereitstellen;
netfilter-Module, die Netfilter-Firewall-Funktionalitäten bereitstellen (lesen Sie dazu iptables(8) und Abschnitt 5.10, „Die Netfilter-Infrastruktur“);
watchdog timer-Treibermodule.
Die Konfigurationsdateien für das
modprobe(8)-Programm
sind unterhalb des "/etc/modprobes.d/
"-Verzeichnisses
abgelegt, wie in
modprobe.conf(5)
beschrieben. (Falls Sie vermeiden möchten, dass einige Kernel-Module
automatisch geladen werden, sollten Sie erwägen, diese in die Datei
"/etc/modprobes.d/blacklist
" einzutragen.)
Die Datei "/lib/modules/<version>/modules.dep
"
(erzeugt durch das Programm
depmod(8))
beschreibt Abhängigkeiten zwischen den Modulen; diese Abhängigkeiten werden
von
modprobe(8)
genutzt.
![]() |
Anmerkung |
---|---|
Wenn Sie Probleme beim Laden von Modulen feststellen, entweder während des
Systemstarts oder beim Nachladen mit
modprobe(8),
kann " |
Der Befehl modinfo(8) zeigt Informationen über ein Linux-Kernel-Modul an.
Das
lsmod(8)-Programm
formatiert den Inhalt von "/proc/modules
" zu einer
hübschen Ausgabe, um anzuzeigen, welche Kernel-Module gerade geladen sind.
![]() |
Tipp |
---|---|
Sie können die Hardware in Ihrem System exakt identifizieren. Lesen Sie dazu Abschnitt 9.4.3, „Hardware-Identifikation“. |
![]() |
Tipp |
---|---|
Möglicherweise wollen Sie Hardware während des Systemstarts konfigurieren, um bestimmte erwartete Hardware-Funktionalitäten zu aktivieren. Näheres finden Sie in Abschnitt 9.4.4, „Hardware-Konfiguration“. |
![]() |
Tipp |
---|---|
Unterstützung für spezielle Geräte können Sie unter Umständen durch Neukompilieren des Kernels hinzufügen. Details finden Sie in Abschnitt 9.9, „Der Kernel“. |